Eine Immobilie reservieren

Reservierungsvereinbarung hinsichtlich einer Immobilie

Sie möchten einen Vorvertrag oder eine Reservierungsvereinbarung über eine Immobilie abschließen?

 

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Wie ist die Situation?

Sie werden das möglicherweise kennen: Sie möchten etwas verkaufen. Es melden sich mehrere Interessenten, die häufig - ebenso schnell wie sie sich gemeldet haben - auch wieder abspringen.

 

Geht es um Sachen von bedeutendem Wert, zum Beispiel eine Immobilie, kann dies viel Ärger bedeuten. Sie werden sich mit einem Kaufinteressenten einig und beauftragen einen Notar mit der Erstellung eines Vertragsentwurfs. Doch dann hören sie vom Kaufinteressenten plötzlich nichts mehr und bleiben auf den entstandenen Kosten sitzen.

 

Denkbar ist auch, dass ein Käufer sie bittet, Ihre Immobilie für ihn zu „reservieren“, z.B. bis zum Monatsende, etwa weil er die Finanzierung noch klären will. Einem anderen Interessenten, der die Immobilie sicher gekauft hätte, erteilen sie eine Absage. Und dann will der ursprüngliche Interessent die Immobilie doch nicht mehr kaufen. Sie müssen nun wieder auf Käufersuche gehen…

 

Sind sie der Eigentümer, hätten sie den Kaufinteressenten in den obigen Beispielen gerne vorher wirksam an seine Kaufabsicht gebunden.

 

Umgekehrt ist es für den Kaufinteressenten ärgerlich, wenn er sich mit dem Grundstückseigentümer grundsätzlich einig geworden ist und daher vom Kauf einer anderen Immobilie Abstand nimmt oder seine bisherige Wohnung schon kündigt, dann aber der Eigentümer das von ihm begehrte Objekt einer anderen Person verkauft.

 

Deutlich wird: Eine Bindung / Reservierung könnte für beide Seiten interessant sein.

 

Reservierungsvereinbarung

Um derartige Verläufe zu vermeiden, wird manchmal eine sog. Reservierungsvereinbarung getroffen. In einer solchen Vereinbarung sichert der Grundstückseigentümer dem Kaufinteressenten für einen bestimmten Zeitraum, z.B. 4 Wochen, zu, das Objekt keinem anderen Interessenten zu verkaufen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Kaufinteressent, eine „Reservierungsgebühr“ oder ein sog. „Bindungsentgelt“ zu zahlen. 

 

Kommt es später zum Abschluss des Kaufvertrages, wird der Betrag - je nach Vereinbarung - auf den Kaufpreis angerechnet. Macht er vom beabsichtigten Kauf jedoch eine Abkehr, ist das gezahlte Geld „futsch“ - wenn die getroffene Vereinbarung wirksam getroffen wurde. Und genau da liegt häufig das Problem.

 

Ein Fall aus der Praxis

Was passieren kann, zeigt eine Entscheidung des Landgericht Frankfurt / Main (Urteil vom 21.12.2017, 2-07 O 280/17).

 

Grundstückseigentümer und Kaufinteressent hatten eine schriftliche „Reservierungsvereinbarung“ abgeschlossen. Darin zeigte man sich über einen Kaufpreis von 1,35 Mio. Euro und ein „Bindungsentgelt“ in Höhe von 25.000 EUR einig. Die 25.000 EUR wurden sodann vom Interessenten an den Immobilieneigentümer gezahlt. Der beabsichtigte notarielle Kaufvertrag wurde später aber nicht mehr geschlossen. Der Kaufinteressent forderte nun die von ihm gezahlten 25.000 EUR vom Grundstückseigentümer zurück.

 

Vereinbarung wurde nicht von einem Notar beurkundet

Was sagt das Gericht? Es gab dem Kaufinteressenten Recht. Das Gericht ist der Auffassung, dass die getroffene Vereinbarung unwirksam ist.

 

Wie kommt das Gericht dazu? 

 

Nach § 125 BGB sind z.B. Verträge, die einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht entsprechen, nichtig - also unwirksam.

 

Weiter gibt es eine Vorschrift, die sich mit Immobilien befasst. Es ist § 311b Abs. 1 S. 1 BGB:

 

Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung.

 

Der Gesetzgeber will mit dieser Vorschrift erreichen, dass etwa Grundstückskaufverträge nicht irgendwo (z.B. direkt beim Käufer im Wohnzimmer oder am Schreibtisch eines Maklers) und irgendwie (z.B. nur mittels eines Computerausdrucks oder gar per eMail), sondern vor einem Notar abgeschlossen - sprich: von einem Notar beurkundet - werden. Damit soll eine rechtliche Beratung der Vertragsparteien durch einen kompetenten und unparteiischen Juristen, also dem Notar, sichergestellt werden.

 

Nun hat sich in der Reservierungsvereinbarung weder der Eigentümer zum Verkauf, noch der Interessent zum Erwerb des Grundstücks direkt verpflichtet. Jedoch entsteht durch das vom Kaufinteressenten zu zahlende Bindungsentgelt (und dessen drohendem Verlust!) letztlich ein erheblicher Druck zum Erwerb. Deshalb sei - so das Gericht - in diesem Fall die genannte Vorschrift gleichwohl anzuwenden.  Die Grenze des noch zulässigen „Erwerbsdrucks“ zieht die Rechtsprechung bei 10% der üblichen Maklerprovision. Dabei ist es unerheblich, ob hinsichtlich der Immobilie überhaupt ein Makler tätig ist oder war.

 

Nun hat das Landgericht einfach gerechnet: Die übliche Maklerprovision vor Ort beträgt 5,95% des Kaufpreises. Dies wären bei eine Kaufpreis 1,35 Mio. Euro genau 80.325 EUR. Davon ergeben 10% einen Betrag in Höhe von 8.032,50 EUR. Das vereinbarte Bindungsentgelt liegt mit 25.000 EUR jedoch deutlich über dieser Grenze, so dass die "Reservierungsvereinbarung" einer notariellen Beurkundung bedurft hätte, die aber nicht erfolgt war. Daher ist die gesamte Vereinbarung unwirksam (§§ 125, 311b BGB).

 

Mangels einer wirksamer Vereinbarung wurde der Grundstückseigentümer zur Rückzahlung der 25.000 EUR verurteilt. 

 

Fazit

Ohne Mitwirkung eines Notars kann kein wirksamer „Vorvertrag“ über eine Immobilie geschlossen werden.

 

Eine privatschriftliche Reservierungsvereinbarung gibt dem Kaufinteressenten keinen Anspruch auf einen Erwerb der Immobilie, da eine etwaig vereinbarte Verpflichtung des Eigentümers zum Verkauf an den Interessenten unwirksam ist (so auch OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 23.08.2016, 8 U 964/16). Der Grundstückseigentümer könnte die Immobilie folglich einfach an eine andere Person verkaufen. Daran ändert sich auch durch eine vom Interessenten zuvor an den Eigentümer gezahlte Reservierungsgebühr nichts.

 

Umgekehrt kann ein Grundstückseigentümer einen Interessenten nicht wirksam durch eine hohe Reservierungsgebühr binden, die Immobilie tatsächlich zu erwerben. Denn wird die von der Rechtsprechung festgelegte Grenze (10% der üblichen Maklerprovision) überschritten, ist die Vereinbarung gleichfalls unwirksam und der Interessent kann - ohne die Immobilie noch zu kaufen - die Rückzahlung des gezahlten Geldes verlangen. Der Grundstückseigentümer muss daher bei einer Reservierungsvereinbarung darauf achten, dass das Bindungsentgelt oder die Reservierungsgebühr innerhalb des aufgezeigten Rahmens bleibt. Die Frage bleibt dann aber, ob der Kaufinteressent gleichwohl eine solche Vereinbarung unterzeichnet, da er nicht die Sicherheit hätte, die Immobilie tatsächlich vom Grundstückseigentümer zu erhalten.

 

Empfehlung

Wollen sie als Käufer oder Verkäufer eine bindende Vereinbarung zum Erwerb bzw. Veräußerung einer Immobilie treffen, sollten sie direkt einen notariellen Kaufvertrag abschließen.


In dem Vertrag kann dann ein Rücktrittsrecht für bestimmte Fälle (z.B. die erforderliche Finanzierungszusage der Bank nicht erfolgt) vereinbart werden.

 

Der Käufer sollte im Falle eines Rücktritts daran denken, eine Erstattung der Grunderwerbsteuer zu beantragen. Insoweit gilt eine Zweijahresfrist (§ 16 GrdEStG).

Weitere nützliche Informationen rund um das Thema "Immobilie" finden Sie hier.

  

Heiko Müller

Rechtsanwalt und Notar