Verzicht auf den Pflichtteil

Erbrecht beim Tod des Ehegatten

Auf den Pflichtteil kann verzichtet werden. Die Frage ist nur: wie?

 

Unterscheide

Wenn es um das Thema „Pflichtteil“ geht, muss - wie so häufig in der Juristerei - differenziert werden. Es gibt 

 

1. das Pflichtteilsrecht

2. den Pflichtteil.

 

1. Pflichtteilsrecht

Auf das Pflichtteilsrecht kann nur zu Lebzeiten des Erblassers verzichtet werden. Dieser Verzicht ist ein Unterfall des Erbverzichts (§ 2346 II BGB). Damit einher gehen besondere Anforderungen:

 

Der Verzicht muss zwischen Erblasser und Verzichtendem vereinbart werden. Es muss also ein Vertrag geschlossen werden. Eine einseitige Erklärung genügt nicht!

 

Die Erklärung des Erblassers muss persönlich erfolgen (§ 2347 BGB). Das bedeutet, dass sich der Erblasser bei Abschluss des Verzichtsvertrages durch einen Bevollmächtigten nicht vertreten lassen kann.

 

Schließlich bedarf es eines Notars, denn der Verzichtsvertrag muss notariell beurkundet werden (§ 2348 BGB).

 

2. Pflichtteil

Verzichtet der Pflichtteilsberechtigte hingegen nach dem Tod des Erblassers auf seinen Pflichtteil, so gelten die gerade dargestellten Anforderungen nicht.

 

Erforderlich ist zwar eine Vereinbarung zwischen dem Pflichtteilsberechtigten und dem Erben. Hier spricht man von einem Erlassvertrag (§ 397 BGB). Dieser bedarf jedoch weder einer notariellen Beurkundung noch der Schriftform und kann somit formlos (z.B. mündlich) geschlossen werden.

 

An die Annahme eines solchen Erlassvertrages stellt die Rechtsprechung aber strenge Anforderungen, damit nicht gleich in jeder Äußerung ein Verzicht gesehen wird.

 

Danach muss in der Erklärung mit hinreichender Deutlichkeit unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls zum Ausdruck kommen, dass eine materiellrechtlich wirkende Erklärung abgegeben werden soll. Das Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages muss unmissverständlich erklärt werden. Der erforderliche Verzichtswille darf dabei nicht vermutet werden (vgl. zum Beispiel LG Deggendorf, Urteil vom 19.09.2019, 32 O 779/18).

 

AutorHeiko Müller

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Erbrecht