Die Vollmacht des Alleinerben

Verkauf einer geerbten Immobilie
Verkauf einer geerbten Immobilie

Eigentlich ist doch alles klar!? 

 

F stirbt. Sie hinterlässt ein eigenhändiges Testament, in dem sie ihren Sohn S zum Alleinerben eingesetzt hat. Zu Lebzeiten hatte sie ihm eine notarielle Vollmacht gegeben. In der Vollmacht ist klargestellt, dass diese auch „über den Tod hinaus“ gelten soll.

 

Zum Nachlass der F gehört ein Haus. S möchte Immobilie verkaufen. Dies muss schnell gehen, da der Kaufinteressent drängt.

 

Da dem S ein Erbschein noch nicht vorliegt, will er die notarielle Vollmacht für den Verkauf nutzen. S lässt vom Notar einen Kaufvertrag entwerfen. In einer Vorbemerkung des Vertrages weist S darauf hin, die bisher im Grundbuch eingetragene Eigentümerin (F) allein beerbt zu haben und den Vertrag unter Bezugnahme auf die notarielle Vollmacht zu unterzeichnen.

 

Klappt so der Verkauf?

 

Nein.

 

Dem S fehlt die in grundbuchlicher Form erforderliche Verfügungsbefugnis. So ist jedenfalls die Auffassung der Oberlandesgerichte Hamm und München. 

 

Vollmacht erlischt

Das juristische Stichwort lautet „Konfusion“. Was ist das?  

 

Eine Stellvertretung setzt voraus, dass der Vertreter (S) und die vertretene Person (F) verschieden sind. Beerbt der Vertreter den Vertretenen aber allein, verschmilzt der Nachlass mit dem Eigenvermögen des Erben zu einer rechtlichen Einheit und die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerbe erlöschen. Es gibt dann nur noch eine Person (hier also: S).

 

S konnte daher seine Mutter nicht über den Tod hinaus vertreten. 

 

Kein Notarielles Testament

Da S noch keinen Erbschein hatte, konnte er auch nicht als Erbe handeln, d.h. seine Erbenstellung gegenüber dem Grundbuchamt nicht "nachweisen". Ein eigenhändiges Testament genügt hier nicht. So lautet § 35 Abs. 1 Grundbuchordnung:

 

"Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden..."

 

Ein notarielles Testament ist eine Verfügung von Todes wegen, die in einer "öffentlichen Urkunde" enthalten ist.

 

Fazit

Es wäre für die Beteiligten besser gewesen, wenn außer der Vollmacht auch ein notarielles Testament errichtet worden wäre. Das notarielle Testament wäre nach dem Tod der Erblasserin zeitnah vom Nachlassgericht eröffnet worden und hätte zusammen mit dem sog. Eröffnungsprotokoll zum Verkauf der Immobilie genügt.  

 

Urteile

 

OLG Hamm, Beschluss vom 10.01.2013, 15 W 79/12

OLG München, Beschluss vom 31.08.2016, 34 Wx 273/16 

 

Heiko Müller

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Erbrecht